Dr. Christian Fulghum von der endogap-Klinik für Gelenkersatz im Interview zum Endoprothesenregister und zur Patientensicherheit ENDOINFO.de

Dr. Christian Fulghum von der endogap-Klinik für Gelenkersatz im Interview zum Endoprothesenregister und zur Patientensicherheit ENDOINFO.de Dr. Christian Fulghum von der endogap-Klinik für Gelenkersatz im Interview zum Endoprothesenregister, zum Informationsstand von Patienten, zu Zulassungsverfahren, zum Nutzen, den das Endoprothesenregister bietet und warum sich die Teilnahme am Endoprothesenregister für alle empfiehlt.

ENDOINFO: Wie viele Menschen erhalten in Ihrer Klinik jährlich einen Gelenkersatz?

Dr. Christian Fulghum: 2377 (Stand 2011)

ENDOINFO: Wenn Patienten zum Aufnahmegespräch in Ihre Klinik kommen, wie gut informiert sind diese: über den Gelenkersatz an sich, über Operationstechniken, über die Zeit und die Verhaltensregeln nach der Operation?

Dr. Christian Fulghum: Sehr unterschiedlich, aber im Trend eindeutig immer besser informiert. Informationsquellen: Meist Internet

ENDOINFO: Wann und auf welchem Weg haben Sie vom Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) erfahren?

Dr. Christian Fulghum: Bin seit Anfang der Bemühungen involviert (90er Jahre)

ENDOINFO: Die Teilnahme am Endoprothesenregister Deutschland erfolgt klinik- und patientenseitig auf freiwilliger Basis. Welche Gründe haben für Sie dafür gesprochen, sich für die freiwillige Teilnahme Ihrer Klink an den Datenerhebungen und -auswertungen durch das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) zu entscheiden?

Dr. Christian Fulghum: Das EPRD ist längst überfällig, wir haben jahrelang freiwillig bereits an den Vorgängermodellen teilgenommen, leider damals wegen fehlender Rückkopplung und mangelnder Verbreitung ohne größeren Nutzen. EPRD kann nur dann wirklich sinnvoll sein, wenn alle operierenden Parteien sich beteiligen. Nur ein Register kann Daten liefern zu neuen Implantaten, zu problematischen Entwicklungen und uns helfen, die Prothesen auszusortieren, die den Anforderungen nicht gerecht werden.

ENDOINFO.de In Deutschland werden private Prüfinstitute mit der Zulassung von Medizinprodukten beauftragt. Staatliche Zulassungen sind nicht vorgeschrieben. Welche Änderungen an den bisherigen Zulassungsverfahren sind aus Ihrer Sicht unverzichtbar, damit der Weg von der Konstruktion einer Endoprothese über die Herstellung bis zum Operationstisch sicher wird für die Patienten?

Dr. Christian Fulghum: Es muss einheitliche Kriterien geben, wonach gesucht und wie getestet wird, bevor eine Zulassung erfolgt. Ob die beauftragten Institute privat oder öffentlich sind, spielt meines Erachtens keine entscheidende Rolle. Unerläßlich ist nur die Kontrolle.

ENDOINFO: „Patient Empowerment“ ist auf dem Weg, vom Modewort zu einer Haltung, auch zu einer Erwartungshaltung zu werden. Welche Vorteile sehen Sie für Kliniken, wenn Patienten durch relevante, nachvollziehbare Informationen zu Gesprächspartnern werden, mit denen sich Ärzte auch inhaltlich austauschen können?

Dr. Christian Fulghum: Ein informierter Patient, der sich aktiv in den Behandlungsablauf einschaltet, kann ein wesentlich besseres Behandlungsergebnis erwarten. Die passive Haltung „machen Sie mal“, hat definitiv ausgedient. Allerdings erfordert dies mehr Zeit von Seiten der Behandelnden, da das angeeignete Wissen beim Patienten immer bruchstückhaft sein wird und dann genauer erklärt oder berichtigt werden muss. Insgesamt aber eine sehr positive Entwicklung, die wir nicht missen wollen.

ENDOINFO: Patientensicherheit ist gleichzeitig Kliniksicherheit. Denn angesichts stark zunehmender Transparenz werden nur jene Kliniken auf dem Markt bestehen, die ein langfristig gutes Gelingen ihrer Operationen (Standzeiten) nachweisen.
„Auf Wiedersehen in vielleicht 30 oder 35 Jahren“ könnte eine vertrauensbildende Verabschiedung nach der endoprothetischen Versorgung sein. Was würden Sie einem Patienten heute im Erstgespräch sagen?

Dr. Christian Fulghum: Ich halte die obige Verabschiedung für wenig erstrebenswert. Sie entspricht unserem falschen Verhalten vor 20-25 Jahren, als wir den Patienten in der Euphorien neuer OP-Verfahren geraten haben, sich erst wieder vorzustellen, wenn sie Beschwerden haben. Das haben die dann auch getan und so den wichtigen Zeitraum verpasst, in dem noch mit überschaubaren Maßnahmen bei ersten Veränderungen im Röntgenbild eingegriffen werden kann.
Ich rate meinen Patienten heute, dass er/sie sich regelmäßig zu Kontrollen vorstellt (alle 2-3 Jahre), dass das Implantat viele, viele Jahre halten kann (auch über 30) und dass meist nur die Gleitpartner bei einem Wechsel ausgetauscht werden müssen, wenn man denn den richtigen Zeitpunkt nicht verpasst.

ENDOINFO: Wenn Qualität an einer Stelle (initiiert vom Endoprothesenregister Deutschland, medial aufbereitet hier über ENDOINFO.de) in positivem Sinne öffentlich wird, so hat dies Auswirkungen auf alle Beteiligten im und vor dem Gesundheitssystem: vom Medizinproduktehersteller über Kliniken bis zu Reha-Einrichtungen und Krankenkassen. Welche Fachbereiche außer Orthopädie / Endoprothetik sollten aus Ihrer Sicht ebenfalls vom Patienten verstehbar und bewertbar werden?

Dr. Christian Fulghum: Alle Bereiche der Medizin, die unmittelbar Patientenkontakt haben, sollen für den Hauptbetroffenen, den Patienten, verstehbar und bewertbar werden.

ENDOINFO: Wenn Patienten sich unsicher sind, ob sie in die Registerteilnahme einwilligen sollen, mit welchen Gründen werben Sie für die Bereitstellung der anonymisierten Daten?

Dr. Christian Fulghum: Die Bereitstellung der Daten dient vor allem auch der eigenen (Patienten)sicherheit, denn besonders problematische Entwicklungen können viel früher erfasst werden. Das leuchtet jedem ein.

ENDOINFO: Abschließend eine Frage zum Gesundheitswesen, die heute noch hypothetisch wirken mag: Patientensicherheit ist Sache der Patienten. Diese Erkenntnis ergibt sich, weil Medizinprodukte in Deutschland ohne staatliche Zulassung in Menschen eingesetzt werden dürfen. Wie könnte aus Ihrer Sicht langfristig eine patientenseitig geleistete Kontrolle der Medizinprodukteindustrie aussehen? Über industrieunabhängige Stiftungen? Über unabhängige, von Medizinern begleitete Gremien, die ohne Lobbygruppen- und Politikeinflüsse ihr Veto einlegen können, wenn Zulassungsverfahren nicht sicher genug sind?

Dr. Christian Fulghum: Beide Lösungen sind denkbar. Die Diskussion wird zeigen, welcher der Vorzug gegeben werden sollte.

ENDOINFO: Vielen Dank für dieses Interview.

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